Verantwortung in globalen Lieferketten Das Lieferkettengesetz Deutschland für mehr Menschenrechte Autor: Gero Appel
Am 1. Januar 2023 trat das Lieferkettengesetz in Kraft. Die betroffenen Unternehmen sind damit verpflichtet, alle direkten Zulieferer auf die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards zu prüfen und darüber zu berichten; werden Verstöße festgestellt, können Sanktionen und Geldstrafen verhängt werden. In diesem Beitrag erfahrt ihr alles Wissenswerte.
Themen in diesem Beitrag:
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- Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen, Unterweisungen und vieles mehr
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Was ist das Lieferkettengesetz?
Das Lieferkettengesetz ist eine Regelung, die Unternehmen verpflichtet, den Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren globalen Lieferketten nachzukommen. Dieses Gesetz soll eine ausführlichere Überwachung und Transparenz in globalen Lieferketten schaffen und so dazu beitragen, dass Arbeitsbedingungen verbessert und Umweltstandards eingehalten werden.
Unternehmen müssen nachweisen, dass sie ihre Lieferketten überprüft haben, um sicherzustellen, dass in diesen keine Verstöße gegen Menschenrechte oder Umweltstandards vorkommen. Auch müssen sie Maßnahmen ergreifen, um solche Verstöße zu verhindern oder zu beheben.
Was sind die zentralen Regelungen des Lieferkettengesetzes?
Klare Anforderungen für die unternehmerischen Sorgfaltspflichten: Das schafft erstmals Rechtssicherheit für Unternehmen und Betroffene.
- Verantwortung der Unternehmen für die gesamte Lieferkette:
Die Sorgfaltspflichten der Unternehmen erstrecken sich vom Rohstoff bis zum fertigen Verkaufsprodukt. Die Anforderungen an die Unternehmen werden abgestuft, insbesondere im Hinblick auf ihre Fähigkeit, Verantwortliche und die vielen Glieder der Lieferkette der Menschenrechtsverletzung zu beeinflussen. Werden klare Verstöße festgestellt, müssen die Unternehmen tätig werden. - Externe Überprüfung durch eine Behörde:
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle überprüft als etablierte Behörde die Einhaltung des Lieferkettengesetzes. Die Behörde kontrolliert die Unternehmensberichte und geht eingereichten Beschwerden nach. Im Falle eines Verstoßes gegen das Gesetz ist das Bundesamt befugt, Bußgelder zu verhängen oder Unternehmen von der öffentlichen Beschaffung auszuschließen. - Besserer Schutz der Menschenrechte:
Wer von Menschenrechtsverletzungen betroffen ist, kann seine oder ihre Rechte vor deutschen Gerichten geltend machen und zusätzlich Beschwerde beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle einreichen.
Welchen Hintergrund hat das Lieferkettengesetz?
Im Zuge globaler Wertschöpfungs- und Lieferketten verletzen Unternehmen im Handel häufig grundlegende Menschenrechte und schädigen die Umwelt. Dies wurde bisher geduldet, so dass die Unternehmen von den geschädigten Menschen nicht zur Verantwortung gezogen werden können.
Dabei konnten die meisten Produktionsmethoden in Niedriglohnländern und die Einhaltung der Menschenrechte im globalen Handel aus großer Entfernung kontrolliert werden. Dies wird von den Unternehmen jedoch nur unzureichend durchgeführt. Durch die Folgen der Corona-Pandemie verschlechterten sich die Situationen in den Entwicklungsländern dramatisch.
Die Entwicklung des Lieferkettengesetzes
In Deutschland hat sich die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag für 2018 darauf geeinigt, Sorgfaltspflichten für Unternehmen gesetzlich zu verankern, wenn die Mehrheit der bedeutenden deutschen Unternehmen dies nicht bis 2020 auf freiwilliger Basis tut. Dieser Abschnitt des Koalitionsvertrags bezieht sich auf den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) der Bundesregierung aus dem Jahr 2016, in dem die Verpflichtung deutscher Unternehmen zur Einhaltung der Menschenrechte betont wird.
Am 12. März 2020 stoppte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Vorstoß von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und dem bis 2021 amtierenden Entwicklungsminister Gerd Müller für ein Gesetz gegen Ausbeutung in globalen Liefernetzwerken. Danach wurde weiterverhandelt, bis Anfang 2021 konnte man allerdings keinen Durchbruch erzielen.
Hubertus Heil, Gerd Müller und Peter Altmaier haben sich am 12. Februar 2021 auf einen Kompromiss geeinigt. Ab dem 1. Januar 2023 werden Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten unter das Lieferkettengesetz fallen, ab 2024 auch Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Das Gesetz über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen in Lieferketten wurde am 11. Juni 2021 vom Bundestag in namentlicher Abstimmung verabschiedet. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 25. Juni 2021 zugestimmt, indem er es ablehnte, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Der Großteil des Gesetzes trat am 1. Januar 2023 in Kraft.
Was bringt das Lieferkettengesetz?
Das Lieferkettengesetz ist ein wichtiger Schritt in Richtung Verantwortung und Nachhaltigkeit in globalen Lieferketten. Es zeigt, dass Unternehmen für ihre Handlungen und die Handlungen ihrer Lieferanten verantwortlich sind. Dies kann dazu beitragen, dass Arbeitsbedingungen verbessert und Umweltstandards eingehalten werden.
Auch kann es dazu führen, dass Unternehmen bewusster mit ihren Lieferant:innen umgehen und ihnen eine bessere Überwachung und Unterstützung anbieten. Es bleibt abzuwarten, wie das Gesetz im praktischen Einsatz wirkt und ob es tatsächlich zu einer nachhaltigeren Gestaltung von Lieferketten führt. Das Lieferkettengesetz ist nämlich auch umstritten, darauf kommen wir jedoch später noch einmal zurück.
Was bedeutet das Lieferkettengesetz für Unternehmen?
Für Unternehmen ist es wichtig, sich frühzeitig auf die Anforderungen des Lieferkettengesetzes vorzubereiten. Dies beinhaltet unter anderem die Überprüfung der eigenen Lieferketten auf mögliche Verstöße gegen Menschenrechte und Umweltstandards sowie die Umsetzung von Maßnahmen zur Verhinderung und Behebung solcher Verstöße.
Das Lieferkettengesetz ist ein Beispiel dafür, dass Verantwortung und Nachhaltigkeit in globalen Lieferketten immer wichtiger werden. Es zeigt, dass Unternehmen ihre sozialen und ökologischen Verantwortungen ernster nehmen müssen und dass Regulierungen notwendig sind, um dies sicherzustellen.
Wie gesagt kann bis jetzt nur gemutmaßt werden, wie das Lieferkettengesetz die Gestaltung von Lieferketten in der Praxis beeinflussen wird. Was jedoch sicher ist, ist, dass es ein wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigeren und verantwortungsvolleren Gestaltung von globalen Lieferketten ist.
Welche Pflichten kommen damit genau auf Unternehmen zu?
Die genauen Anforderungen an die Berichterstattung und die Sorgfaltspflicht sind:
- Erstellung eines Risikomanagements,
- Festlegung einer betriebsinternen Zuständigkeit,
- Durchführung regelmäßiger Gefährdungsbeurteilungen,
- Verabschiedung einer Grundsatzerklärung,
- Einführung von Präventionsmaßnahmen,
- Einleitung entsprechender Schutzmaßnahmen,
- Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens,
- Erfüllung der Sorgfaltspflichten bei mittelbaren Lieferanten,
- Dokumentation und Berichterstattung.
Welche Strafen drohen bei Verstößen?
Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht begründen ausdrücklich eine Pflicht zum Bemühen und keine Erfolgspflicht. Die Unternehmen müssen daher nachweisen können, dass sie die gesetzlichen Sorgfaltspflichten erfüllt haben, die angesichts ihrer besonderen Situation praktikabel und akzeptabel sind. Ein zivilrechtliches Verschulden wird durch das Gesetz nicht begründet.
Wenn die Sorgfaltspflichten verletzt werden, können folgende Strafen verhangen werden:
- Zwangsgelder bis zu 50.000 Euro,
- Bußgelder bis zu 800.000 Euro oder 2 % des Jahresumsatzes bei Unternehmen mit mehr als 400 Millionen Euro Umsatz,
- Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen für bis zu drei Jahre.
Wer muss überprüft werden?
Die Sorgfaltspflichten gelten sowohl für den eigenen Geschäftsbereich als auch für die unmittelbaren Lieferanten, d. h. für diejenigen, mit denen eine direkte Geschäftsbeziehung besteht. Es müssen ausnahmslos alle betroffenen Lieferanten überprüft werden.
Die Sorgfaltspflicht für indirekte Lieferanten ist reduziert und anlassbezogen. Das bedeutet, dass ein Unternehmen nur dann reagieren muss, wenn es nachweisbare Anzeichen für mögliche Rechtsverstöße in der Lieferkette gibt.
Was spricht für und was gegen das Lieferkettengesetz?
Jeder kann wohl zustimmen, dass die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Schutz der Menschenrechte, insbesondere in Niedriglohnländern, von Natur aus eine gute und moralische Initiative ist. Daher ist jede positive Verbesserung durch das Lieferkettengesetz ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings gibt es einige Hindernisse, die das Gesetz und die zuständigen Politiker:innen überwinden müssen.
Das Gesetz über die Sorgfaltspflicht in der Lieferkette wurde insbesondere von Unternehmen und Industrielobbyist:innen kritisiert, die befürchten, dass es der Wirtschaft schaden wird. Zum Beispiel würde die Meldepflicht eine Menge Arbeit bedeuten. Einige Kritiker:innen argumentieren, dass es zu viel Bürokratie und zu hohe Kosten für Unternehmen bedeuten kann. Andere befürchten, dass es dazu führen kann, dass Unternehmen ihre Lieferketten verlagern, um den Anforderungen des Gesetzes zu entkommen.
Viele Kompromisse für das Lieferkettengesetz
Allerdings haben auch die Befürworter:innen des deutschen Lieferkettengesetzes ihre Missbilligung geäußert. So sagen Menschenrechtsorganisationen, dass das Gesetz aufgrund von Beschwerden der Wirtschaftsverbände zu sehr abgeschwächt wurde. So gelten die Sorgfaltspflichten des Lieferkettengesetzes nur für direkte Lieferanten, so dass Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden derzeit nicht betroffen sind.
Auch der Umweltschutz kommt für viele zu kurz, schließlich spielen Umweltrisiken nur dann eine Rolle, wenn sie zu Menschenrechtsverletzungen führen. Das Lieferkettengesetz stellt in dieser Hinsicht also keine besonderen Anforderungen an die Nachhaltigkeit.
Das Lieferkettengesetz hat sicherlich hohe Ziele, aber da der Inhalt des Gesetzes im Wesentlichen ein Kompromiss ist, ist es jetzt schwierig festzustellen, inwieweit die deutschen Anforderungen wirklich zur Einhaltung der Menschenrechte beitragen. Die Maßnahme wäre aber wohl nie verabschiedet worden, wenn die kritisierten Lockerungen nicht vorgenommen worden wären.
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