Digitale Barrierefreiheit Was Inklusion am Arbeitsplatz mit Digitalisierung zu tun hat Autor: Hannah Yeboah
Umstände, über die sich Menschen ohne Einschränkungen kaum Gedanken machen, können für Menschen mit Behinderung ein ernsthaftes Hindernis darstellen. Das gilt nicht nur für Treppenstufen, sondern auch für Technik. Bei der behindertengerechten Arbeitsplatzgestaltung muss eine barrierefreie digitale Ausstattung beachtet werden. Erfahrt hier, welche Gesetze ihr beachten müsst, wenn ihr Menschen mit Behinderung beschäftigt, wie Inklusion am Arbeitsplatz gelingt und wie Digitalisierung dafür eine echte Chance darstellen kann.
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Wie lautet die Definition einer Behinderung?
Unter einer Behinderung versteht man eine körperliche-, geistige-, seelische- oder Sinnesbeeinträchtigung. Das definiert das Sozialgesetzbuch (SGB IX) mit § 2, Satz 1. Die Einschränkung muss länger als ein halbes Jahr bestehen, damit von einer Behinderung die Rede sein kann. Zudem müssen weitere Umstände beachtet werden – so ist es vollkommen normal, dass Kleinkinder noch nicht laufen können, während dasselbe bei Erwachsenen eine Behinderung darstellen kann.
Außerdem muss der Grad der Einschränkung beachtet werden. Hierfür wird eine Hunderter-Skala in Zehnerschritte eingeteilt. Wenn mindestens der Grad 20 besteht, ist von einer Behinderung die Rede. Auch das legt § 2, Satz 1 des SGB IX fest. Bei einem Wert von mindestens 50 % liegt eine Schwerbehinderung vor. Welcher Behinderungsgrad besteht, legen Ärzt:innen fest.
In Deutschland lebten laut Statistischem Bundesamt Ende 2021 7,8 Millionen schwerbehinderte Menschen. Das bedeutet eine Schwerbehindertenquote von 9,4 %. Bei den über 64-Jährigen betrug die Quote 24,7 %. Übrigens: Bei den Schwerbehinderungen muss es sich nicht zwangsläufig um sichtbare Einschränkungen handeln. Auch Krankheiten wie Krebs, Diabetes oder Migräne können in einigen Fällen Gründe darstellen, einen Schwerbehindertenausweis zu erhalten.
Wie hoch ist die Beschäftigungsquote für Menschen mit Behinderung?
Für Menschen mit Behinderung gibt es eine Beschäftigungsquote. Diese ist in § 154 Absatz 1 SGB IX festgehalten. Wenn ihr in eurem Unternehmen mindestens 20 Mitarbeitende beschäftigt, müssen 5 % der Arbeitsplätze von schwerbehinderten Angestellten eingenommen werden.
Die Quote ist deshalb so wichtig, da Menschen mit Behinderung schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben als Menschen ohne Behinderung. Das Statistische Bundesamt berichtet, dass im Jahr 2021 nur knapp 57 % der Menschen zwischen 15 und 64 mit Behinderung berufstätig oder auf der Suche nach einer Tätigkeit waren. Die Erwerbsquote der Menschen ohne Behinderung lag zur selben Zeit bei knapp 82 %.
Hier zeigt sich die Dringlichkeit, Menschen mit Behinderung stärker in den Arbeitsmarkt mit einzubeziehen. Beschäftigt ihr in eurem Unternehmen Menschen mit Behinderung, spielt Inklusion eine wichtige Rolle. Diesem Begriff möchten wir uns nun etwas genauer widmen.
Was versteht man unter Inklusion?
Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann – unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft oder Behinderung. Das Ganze ist sogar gesetzlich verankert. So heißt es in Artikel 3 des Grundgesetzes: “Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“. Der Staat darf Menschen mit Behinderung also nicht anders behandeln als Menschen ohne Behinderung. Daneben gibt es weitere Gesetze, die sich auf Inklusion beziehen.
Eines davon ist das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), welches beispielsweise Behörden dazu verpflichtet, ihre Websites, Anträge und Formulare barrierefrei zu gestalten. Das Gesetz bezieht sich jedoch auch auf die Bereiche Bau, Infrastruktur sowie die Gebärdensprache und die Leichte Sprache.
Ein weiteres Gesetz zur Inklusion ist das Allgemeine Gleichstellungsgesetz, auch Anti-Diskriminierungsgesetz genannt. Demnach dürfen Menschen nicht aufgrund ihrer Behinderung benachteiligt werden. Dieses Gesetz ist besonders für euch als Arbeitgeber:innen relevant, da es bedeutet, dass ihr Bewerber:innen nicht aufgrund ihrer Behinderung ablehnen dürft. Für die Überwachung der Umsetzung sind Gleichstellungsbeauftragte verantwortlich.
Wie funktioniert Inklusion am Arbeitsplatz?
Inklusion am Arbeitsplatz bedeutet, dass Menschen mit Behinderung dort nicht benachteiligt werden. Dafür müssen zum einen bestimmte Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Zum anderen sollte auch die restliche Belegschaft einen Teil zur Inklusion beitragen, denn nur so kann diese gelingen. Ein wichtiger Schritt hierfür ist der behindertengerechte Arbeitsplatz.
Wie sieht ein behindertengerechter Arbeitsplatz aus?
Arbeitgeber:innen sind dazu verpflichtet, die Arbeitsumgebung ihrer Mitarbeitenden so zu gestalten, dass sie weder zu einer Unter- noch zu einer Überforderung führt. Sie soll also so gestaltet sein, dass die vereinbarte Leistung erbracht werden kann. Beschäftigt ihr Menschen mit Behinderung in eurem Unternehmen, muss deren Arbeitsplatz an ihre individuellen Bedürfnisse angepasst sein.
Beeinträchtigungen durch bestimmte Möbel und Geräte und alle weiteren Barrieren müssen beseitigt werden. Wie bereits erwähnt ist es zudem wichtig, den Arbeitsplatz individuell an die jeweiligen Mitarbeiter:innen anzupassen.
Wie kann Digitalisierung zu einer behindertengerechten Arbeitsumgebung beitragen?
Digitalisierung ist nicht mehr wegzudenken, weshalb sie keinem Menschen verwehrt bleiben sollte. Digitale Barrierefreiheit umfasst alle Bereiche rund um den Zugang zum Internet oder zu digitalen Anwendungen. Dieser soll allen Nutzer:innen möglich gemacht werden. Das kann zum Beispiel den Abbau von sprachlichen Barrieren, aber auch die zielgruppengerechte Vermittlung digitaler Kompetenzen bedeuten.
Mit der digitalen Barrierefreiheit geht die digitale Inklusion einher, deren Ziel es ist, allen Menschen die Nutzung digitaler Anwendungen zu ermöglichen. Nicht nur Menschen mit Behinderung sollen digitale Angebote also verstehen und nutzen können, sondern beispielsweise auch ältere Menschen oder Menschen mit geringen digitalen Kenntnissen. Folgende Aspekte können in der Arbeitswelt zu digitaler Barrierefreiheit beitragen:
Barrierefreie Gestaltung von digitalen Angeboten
Digitale Angebote können so gestaltet werden, dass sie über Bild, Text und Ton verstanden werden. Für Bilder können Alternativtexte herangezogen werden, während Untertitel bei Videos hilfreich sind. Bei Texten besteht die Möglichkeit, Audiobeschreibungen zu nutzen. Menschen mit eingeschränktem Seh- oder Lesevermögen können von der Verwendung einer Sprachausgabe profitieren. Für Menschen ohne eigene Lautsprache eignet es sich, bestimmte Apps zur Kommunikation heranzuziehen. Für Mitarbeitende mit feinmotorischen Einschränkungen kann es auch hilfreich sein, Texte zu diktieren.
Auch spezielle technische Mittel können herangezogen werden. So gibt es diverse Mausersatzgeräte, die an die jeweilige Einschränkung angepasst sind und beispielsweise mit nur einem Finger gesteuert werden können oder auf minimalen Druck reagieren. Ein weiteres Beispiel sind extragroße oder extrakleine Tastaturen.
Systeme für digitale Lern- und Arbeitsmedien
Es gibt spezielle Systeme für digitale Lern- und Arbeitsmedien, auf die ihr zurückgreifen könnt. Diese ermöglichen allen Nutzer:innen, unabhängig von ihren Fähigkeiten, umfängliche Zugänglichkeit zu Lerninhalten. Barrieren für das Lernen oder für die Teilhabe werden damit gemindert oder im besten Fall beseitigt. Die Systeme können individuell an die Bedürfnisse der jeweiligen Mitarbeitenden angepasst werden. Somit können diese unabhängig von Assistenzen oder Ausbilder:innen digitale Hilfe in Anspruch nehmen.
Die ständige Verfügbarkeit auf digitalen Endgeräten ermöglicht es, die beruflichen Inhalte zu vertiefen und darüber hinaus neue Qualifikationen zu erwerben. Die Systeme sind dabei zeit- und ortsunabhängig.
Telearbeit
Das Homeoffice kann gerade für Menschen mit Behinderung eine starke Entlastung bieten. Für Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder auch für Blinde kann das Pendeln mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine Herausforderung darstellen.
Menschen mit chronischen Erkrankungen hingegen sind oft nicht in der Lage, einer geregelten Arbeit nachzugehen, weshalb ihnen flexibles Arbeiten zugutekommt. Moderne Arbeitszeitmodelle ermöglichen es ihnen, ihr Arbeitspensum individuell zu gestalten.
Dank Videokonferenzen können Meetings auch von zu Hause aus abgehalten werden. Ein weiterer Benefit ist, dass Videos aufgezeichnet werden und diese im Nachhinein erneut angeschaut werden können. Selbstverständlich kommen die Vorteile des Homeoffice, wie Flexibilität und eine verbesserte Work-Life-Balance, nicht nur Mitarbeitenden mit Behinderung, sondern auch allen anderen Angestellten zugute.
Neben Videokonferenzen ermöglichen Online-Tools einen reibungslosen Arbeitsablauf von zu Hause aus. Achtet bei der Wahl der Tools jedoch darauf, dass sie allen zugänglich sind. Anhand dieser drei Fragen könnt ihr testen, ob die Tools, die ihr verwendet, barrierefrei sind:
- Lassen sich die Inhalte von Screenreadern lesen oder mit einer Tastatur ansteuern?
- Ist die Struktur der Website sinnvoll aufgebaut?
- Sind die Farbkontraste ausreichend stark?
Es empfiehlt sich außerdem, den Test einmal für die eigene Unternehmenswebsite anzuwenden.
Arbeitsschutz für jede:n – mit der Arbeitssicherheit Sofort
Ein behindertengerecht gestalteter Arbeitsplatz ist unabdingbar, wenn es um Inklusion geht. Dazu gehört auch die Erstellung der gesetzlich vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung. Gerade bei Menschen mit Behinderung muss individuell geschaut werden, welche Sicherheitsrisiken bestehen und welche Maßnahmen dementsprechend ergriffen werden müssen.
Auch für euch und für Arbeitnehmer:innen ohne Behinderung ist die Gefährdungsbeurteilung ein wichtiger Schritt in Richtung sicherer Arbeitsplatz. Die Arbeitssicherheit Sofort unterstützt euch bei der Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen und bietet euch wertvolle Unterweisungen und Online-Trainings rund um das Thema Arbeitsschutz. Holt euch ganz einfach ein unverbindliches Angebot ein und folgt uns auch gerne bei LinkedIn, um immer auf dem neuesten Stand zu bleiben.
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